Starker Yen trotz weltweit höchster Pro-Kopf-Verschuldung

| 21. Juni 2012 | Keine Kommentare

Die USA sind das Land mit der weltweit höchsten Verschuldung. Der aktuelle Stand der Schuldenuhr liegt bei etwa 14,5 Billionen US-Dollar. Japan kommt dagegen auf eine Verschuldung von gut 10 Billionen US-Dollar. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt in den USA bei ca. 47.500 US-Dollar, die Japaner kommen dagegen auf eine Verschuldung von knapp 80.000 US-Dollar pro Einwohner. Im Vergleich hierzu: die Griechen kommen auf ungefähr 30.000 US-Dollar pro Kopf. Der Blick auf die demographische Struktur des Landes ist ebenfalls alarmierend. Über 30 Millionen Japaner sind älter als 65 Jahre. Das ist beinahe jeder Vierte.

Trotz der wirtschaftlich bedenklichen Situation zeigt der Yen eine verblüffende Stärke. Vom Hoch in 2008 verlor beispielsweise der Euro gegeüber dem Yen mehr als 40 Prozent. 2008 bekam man zeitweise noch 170 Yen für einen Euro, heute sind es noch 100 Yen. Auch gegen den US-Dollar sieht der Yen gut aus. Hier beläuft sich – vom Hoch in 2008 aus gesehen – die Abwertung des US-Dollars auf fast 30 Prozent.

Doch worin sind die Gründe hierfür zu sehen? Welche Faktoren beeinflussen die Stärke einer Währung? Die Stärke einer Währung gegenüber einer anderen Währung wird beeinflusst durch:

  • Wirtschaftsleistung eines Landes
  • Leistungsbilanz eines Landes – die Waren werden meistens mit der Währung des Produktionslandes bezahlt
  • Zinsniveau – eine lockere Geldpolitik führt i.d.R. zu einer erhöhten Geldmenge
  • Währungsspekulation

Betrachtet man nun die genannten Faktoren in Bezug auf Japan, ist die Stärke des Yen in der Tat verblüffend. Das Bruttoinlandsprodukt in Japan sank 2011 um 0,9 Prozent. Die hohe Verschuldung, die demographische Entwicklung und der starke Yen setzen der schwächelnden Wirtschaft zusätzlich zu. Im Januar 2011 senkte die Ratingagentur Standard & Poor´s ihr Rating für Japan von AA auf AA-. Auch bei der Leistungsbilanz sieht es nicht besser aus. Im Januar 2012 wies die japanische Bilanz ein Defizit von ca. 4 Mrd. Euro auf. Steigende Energieimporte und schwächelnde Exporte sorgten für dieses Defizit. Der Leitzins wurde bereits 1996 auf 0,5 Prozent gesenkt. Höher stand er seitdem nie, die meiste Zeit lag er sogar nahezu bei Null.

Bleibt noch die Spekulation. Anscheinend wird der Yen von Anlegern trotz der genannten Rahmendaten als „sicherer Hafen“ gesehen. In der heutigen Zeit, in der es an solchen „Häfen“ mangelt, kann der Yen von diesem Image profitieren.

(Marktkommentar von Sven Tokarski, IG Markets)

 

 

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Kategorie: Marktkommentar, Währungen

Über den Autor ()

Markus Burgdorf ist ausgebildeter Journalist und PR-Berater. Er schreibt heute für Kunden, Medien und seine Webseiten.

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