Fischer bekommen für das Kilo Hering 30 Cent und für das Kilo Dorsch 46 Cent

| 26. Januar 2009 | Keine Kommentare

Die Medien werden beherrscht vom Kampf der Milchbauern für bessere Milchpreise. Ein Drittel der Milchviehbetriebe werden die nächsten Monate nicht überleben, wenn die Preise nicht angehoben werden. Das ist besonders tragisch, denn es sind gerade die Betriebe, die in den letzten Jahren investiert und finanziert haben, die jetzt in Schwierigkeiten kommen. Banken zucken mit den Schultern und wickeln ab. Was bei dieser dramatischen Entwicklung im Milchbereich völlig vergessen wird, ist, dass auch andere Branchen durch zu niedrige Erzeugerpreise Probleme haben. Am Wochenende war ich in Kappeln und Flensburg und habe dort mit Fischern gesprochen. Was ich dort hörte, erinnerte doch stark an die Milchbauern.

Deutsche Fischer bekommen für das Kilo gefangenen Fisch so wenig, dass eine Reparatur am Schiff das Ende bedeuten kann. (Foto: Markus Burgdorf)

Deutsche Fischer bekommen für das Kilo gefangenen Fisch so wenig, dass eine Reparatur am Schiff das Ende bedeuten kann. (Foto: Markus Burgdorf)

Ein Fischer erhält heute 30 Cent für das Kilo Hering und 46 Cent für das Kilo Dorsch. Davon kann man als Fischer nicht überleben. Was bleibt, ist die Flucht in die pure Masse. Man fährt raus und kommt, wenn es denn gut läuft, mit bis zu 25 Tonnen Fisch wieder zurück. Ein kritischer Fischer berichtet , dass dabei weitere 15 Tonnen Fisch als Beifang tot über die Reling gekippt werden. Und hier liegt ein weiteres Problem. Dieser “Beifang” sind Fische, die noch keine vermarktbare Größe erreicht haben, also zum Beispiel der Dorsch-Nachwuchs. Und so wird heute der Fischbestand von morgen abgefischt, obwohl das keinen Sinn macht. Den Beifang mitzubringen bringt auch nichts, denn dafür werden pro Kilo gerade mal 1 Cent gezahlt und dafür lohnt sich nicht, die Ladung in den Hafen mitzunehmen.

Von den niedrigen Preisen beim Erzeuger merkt der Verbraucher indes nichts, zu viele verdienen in der Wertschöpfungskette mit. Natürlich läuft der Markt auch zyklisch ab. Wenn immer mehr Fischer nicht mehr rausfahren, weil sie den Diesel für ihre Maschinen nicht bezahlen können, dann verknappt der Fisch und die Preise steigen wieder. Nun können wieder alle rausfahren und der Fischfang sorgt für ein Überangebot – die Preise sinken wieder. Und so wiederholt es sich immer wieder…

Der in Kappeln und Flensburg angelandete Fisch geht dann in die Niederlande, von wo aus er dann wieder auf ganz Europa vermarketet wird. Die EU reguliert alles, aber die Planwirtschaft funktioniert wohl ebensowenig, wie bei der Milch. Durch die niedrigen Preise versuchen die Fischer allerdings – anders als bei der Milch – durch Masse auf ihre Kosten zu kommen – und das mit fatalen Auswirkungen. Ganze Fischreviere sind leergefischt und die Fischer aus verschiedenen Ländern konkurrieren um die besten Fangplätze.

Ähnlich dramatisch ist das Verhalten der Banken. Hat nun ein Schiffseigner einen Motorschaden an seinem Schiff zu reparieren und braucht kurzfristig 20.000 Euro, so sagt die Bank ihm ab. Mein Gesprächspartner war 35 Jahre bei seiner Bank und so erbost über das Verhalten, dass er aufgrund der lapidaren Absage der Bank seine Geschäftsbeziehung zur Bank gelöst und seine Verbindlichkeiten umfinanziert hat. Als er kündigte, standen die 20.000 Euro dann doch plötzlich zur Verfügung, doch nun blieb er hart.

Mit dem Bankenwechsel sparte er trotz Vorfälligkeitsentschädigung  8.000 Euro durch das inzwischen gesunkene Zinsniveau. Durch Zufall traf er einige Wochen nach der Finanzierungsabsage den Regionalchef seiner alten Bank, der erbost tat, als er die Geschichte hörte und sich darum kümmern wollte – trotz vollmundiger Versprechungen hörte der Kapitän nie wieder etwas von dem Bankenchef.

Heute sagt er, dass die Bank wohl schon genau wusste, in welche dramatische Schwierigkeiten sie gesegelt sei und dass er damit auch irgendwie ein Opfer der Bankenzockerei sei. Er, der 35 Jahre lang seiner Bank nie eine Rate schuldig geblieben sei.

Das ist nur ein Streiflicht, denn ich war privat unterwegs, aber es sind durchaus Themen, die tiefergehende Betrachtung verdienen.

Markus Burgdorf

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Kategorie: Allgemein

Über den Autor ()

Markus Burgdorf ist ausgebildeter Journalist und PR-Berater. Er schreibt heute für Kunden, Medien und seine Webseiten.

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